Nicht nur auf Mittelalter-Events ist eine Truhe oder Kiste in Wikingerform praktisch, auch als Wohn- und Sitzmöbel ist sie vielfältig einsetzbar. Im europäischen Mittelalter zwischen 800 und 1300 n.Chr. dienten solche Truhen auf den Schiffen zur Aufbewahrung, aber auch als Sitzbank beim Rudern. Verschiedene Bauformen findet man in nordischen Museen oder als moderne Nachbauten (z.B. osemyr-viking.se).
Für einen Nachbau beginnen die Schwierigkeiten mit dem Material. Holz arbeitet bekanntlich, so wären breite Bretter rissgefährdet, es sollte besser Leimholz sein. Wenn das Ergebnis auch noch einigermaßen wetterbeständig sein soll, ist Leimholz aus dem Baumarkt weniger geeignet. Fichte/Kiefer ist sehr weich, Eichenholz schwer und teuer.
Darum wurde hier eigenes Leimholz hergestellt, gar nicht so kompliziert. Aus günstigen Douglasien-Terassendielen 92×18 mm wurden 40 mm breite Streifen gesägt, kürzere und längere ast- und rissfreie Stücke herausgetrennt und zu Platten zusammengefügt. Zum Verkleben (hier eine spätere Stirnseite) wurde wasserfester Holzleim verwendet.
Bei der Auswahl der Streifen und dem Aneinanderfügen sollten die runden Jahresringe abwechselnd nach unten und oben zeigen. Weil viel Leim herausgepresst wird, muss man zwischen Tisch, Leimholzplatte und Leisten Frischhaltefolien legen, um zu vermeiden, dass alles zu einem Klotz zusammenklebt. Nach einem Tag trocknen erhält man eine sehr stabile Platte, von der man die Leimreste noch entfernen muss.
Gefällt das Ergebnis, kann man z.B. mit einer alten Tischplatte und stabilen Leisten eine Press-Vorrichtung bauen, die die Arbeit erleichtert.
Hier ist man freier in der Wahl der Plattengrößen. Wichtig bleibt die Frischhaltefolie. Wetterbeständiges Leimholz ist auch für andere Anwendungen gut geeignet.
Für eine Truhe benötigt man vier längere Platten (Boden, Deckel, 2 Seiten) und zwei etwa quadratische für die Stirnseiten. Will man stilgerecht schräge Seitenwände, muss man hier bei den Abmessungen die Wanddicke der Platten berücksichtigen. Bei der Musterkiste wurde für die Seitenwände eine Neigung von 5 Grad gewählt (statt 90 nur 85 Grad), für die Stirnseiten 17 Grad. (Maßzeichnung)
Das Aussägen der Seitenteile und des Bodens sollte zuerst mit Übermaß und nach dem ersten Zusammenfügen auf Endmaß geschehen, allein um die Schräge der Fügeflächen ohne Spalten hinzubekommen.
Aus Gründen der Stabilität sollte man mindestens einige Metallschrauben an den Kanten verwenden. Stilvoll sieht es aus, wenn diese Schrauben am Boden eines Dübellochs (8 mm) angebracht werden und später ein kurzer Holzdübel den Schraubenkopf verdeckt. Ansonsten sind Holzdübel als Verbinder gut geeignet.
Die Kiste wurde geschliffen, an den Kanten abgerundet und mehrfach mit Leinölfirnis beschichtet und poliert.
Die erste Wikingerkiste hat einen ebenen Boden und kleine Füße. Für einen Einsatz im Zelt bei Regen ist die Dichtigkeit unten von besonderer Bedeutung. Daher wurde für das zweite Muster der Wikinger-Kiste ein höher gesetzter Boden vorgesehen, damit Wasser wie auf einem Schiff u.U. einfach unterdurchläuft. Dafür muss die Bodenplatte „mitten in der Schräge“ eingefügt werden, was das Abmessen nicht einfacher macht.
Für die spätere Stabilität wird ein Teil der Bodenplatte durch die Seitenwand gesteckt und am Ende bündig abgesägt.
Um zu vermeiden, dass das Holz an der Unterkante der Aufstellflächen beim Herumschieben absplittert, ist es sinnvoll, dort auf der Innenseite Klötze aus Hartholz als Puffer anzuleimen. Nach Aufbringen der Leinöl-Firnis und Montage der Beschläge ist die Wikinger-Truhe dann fertig und einsatzbereit.